Text und Bild von Franz Völkl
Der Heimatkundliche Arbeitskreis veranstaltet eine adventliche Sitzweil, die teilweise etwas gruselig ist und die Antwort gibt, warum zu bestimmten Zeiten keine Unordnung im Haus herrschen und keine weiße Wäsche zum Trocknen aufgehängt sein darf.
Die Erzählungen aller Beteiligten des Heimatkundlichen Arbeitskreises (HAK) gingen durch das Gasthaus Bergler wie die „Wilde Jagd“. HAK – Vorsitzender Georg Schmidbauer, sein Stellvertreter Josef Forster sowie Andrea Götz nahmen die Zuhörer mit durch eine adventliche Brauchtumsreise angefangen vom Anfang des 20. Jahrhunderts über Rauhnächte bis hin in zur adventlichen Gegenwart. Den Gemütlichkeitsfaktor steuerte beim Bergler die Waldthurner Stubnmusik mit Schmidbauer am Hackbrett, Heidi Klos an der Zither und Maria Golla an der Gitarre. Das Trio lockerte den interessanten Abend musikalisch auf.
„Im Gegensatz zur heutigen stressigen Vorweihnachtszeit war früher die Arbeit auf den Feldern getan und man hatte jetzt in der Adventszeit richtig Zeit“, erklärte Schmidbauer. Der Advent sei aber auch mit viel Schreckgestalten wie beispielweise den Krampus angefüllt gewesen.
Während der Adventszeit erfreuten sich besonders die Rorateämter, die zwischen Weihnachten und Neujahr Engelämter genannt wurden, besonderer Beliebtheit. In Waldthurn habe man auch in der heutigen Zeit diesen Brauch aufleben lassen. Am Heiligen Abend in der Früh um 6 Uhr ist es seit Jahren Tradition, ein Rorateamt, das in diesem Jahr musikalisch von der Gruppe Triangel umrahmt wird, zu feiern. Dabei ist die Pfarrkirche in Kerzenlicht getaucht.
Die Urahnen hängten früher Anfang Dezember ein mit Tannenzeigen geschmücktes Wagenrad in die Stube, um auf diese Weise Gesundheit,Wachstum und Fruchtbarkeit in Haus, Stall und Feld zu sichern, gleichzeitigaber auch die bösen, feindseligen Wintergeister abzuwehren. Die christliche Liturgie habe laut Schmidbauer den Brauch übernommen und fügte Kerzen hinzu. In den dreißiger Jahren des vergangenen Jahrhunderts weigerten sich noch Pfarrer, dieses „heidnische Zeug“ in der Kirche aufzuhängen. Der HAK-Vorsitzende berichtete auch vom stellenweise belebten Brauch des „Anklöpfeln“, wobei hier Kinder an den Donnerstagen im Advent von Haus zu Haus zogen, das Klöpfellied sangen, eine gesegnete Weihnacht wünschten und dafür Plätzchen und Obst bekamen. Pfarrer Andreas Renner habe das sogenannte Frauentragen, das sich bis heute gehalten hat, in der Pfarrei wiederbelebt.
„Ich hoffe, es fürchtet sich heute niemand beim Heimgehen“. Etwas gruselig wurde es in der Wirtstubn, als Andrea Götz über die Rauhnächte (auch Rauchnächte) berichtete. Wohnungen und Stallungen hat man mit Weihrauch ausgeräuchert, um die Götter milde für das nächste Jahr zu stimmen. Der Zeitraum der zwölf Rauhnächte liegt zwischen den Thomastag, 21. Dezember bis Silvester. Diese Nächte, auch Losnächte genannt, symbolisieren Wende, Neubeginn und Selbsterfahrung, wobei Orakel befragt werden können, wie das nächste Jahr wird. Früher wurde an den Tagen der Rauhnächte ausschließlich gebetet und gefastet, um Unheil abzuwenden. In der Silvesternacht bricht laut Götz die „wilde Jagd“ auf. Geister und arme Seelen haben Ausgang und treiben ihr Unwesen.
Vor über hundert Jahren gingen die armen Leute mit der Dunkelheit ins Bett, berichtete Josef Forster sehr amüsant und lehrreich. Kerzen waren aus Bienenwachs und nur reichen Leuten vorbehalten. Am Ofen in der Küche wurde sich erwärmt, dort erzählte man sich Geschichten, Sagen und Neuigkeiten und es wurde auch gesungen. Erzählungen dienten auch als Erziehungsmethoden. Allerheiligen sei ein Unglückstag, an dem man keine Reisenunternehmen und Tiere töten solle. Am 11. November haben angeblich Gänse den Heiligen Martin durch ihr Geschnatter verraten – heute wird die Martinsgans verzehrt. Am 30. November berichtete Forster habe einer der Apostel Andreass einen Namenstag. Dieser sei der Patron der Mädchen, die an diesem Tag beispielsweise durch Pantoffelwerfen vorhersagen können, ob sie im nächstenJahr einen Mann bekommen. Forster sprach über den Beginn des Dreschens Anfang Dezember, den Barbaratag und den Tag der Wilden Luzie am 13. Dezember. Am 21. Dezember sei der „Thama mit’m Hammer“, der Tag des Apostels Thomas.„Der Dama mit`m Hama schlägt bösen Kindern s’Hirn ein oder einen Nagel rein“, erklärte Forster voller Schaudern. Am 31. Dezember an Silvester werden die Geister vertrieben, über die Zukunft im neuen Jahr spekuliert und das Vieh unterhält sich im Stall über die Ereignisse des folgenden Jahres.
Schmidbauer schloss schließlich, mit ein paar lustigen Kurzgeschichten wie die vom drehbaren Christbaumständer, den unterhaltsamen Abend.