Text und Bild: Franz Völkl
Oberbernrieth. Christian Müller ist ein junger Mann, der beruflich ein echter Glücksbringer ist – er ist Schornsteinfegermeister. Im privaten Leben kümmert er sich auch um seine Bienen und das Dam- sowie Rotwild. Der junge Mann wohnt am Kramerhof im Bergdorf Oberbernrieth, direkt an der Auffahrt zum Heiligen Berg der Oberpfalz, dem Fahrenberg. Der Ort gehört zur Marktgemeinde Waldthurn und zur Pfarrei St. Sebastian. Müller lebt mit seinen Eltern und Großeltern mitten im Dorf.
Die Müller – Dynastie kam im 16. Jahrhundert von Wien in die nördliche Oberpfalz direkt nach Oberbernrieth, damals wie heute heißen sie ununterbrochen Müller – „einmal Müller – immer Müller“. Sowohl bei dem 22-jährigen Christian, seinem Opa Josef Müller -den Kramer Sepp -, ein berühmter Wetterhornbläser oder Papa Ernst – am Kramerhof ist nicht nur bei allen Bewohnern eine gepflegte Unterhaltung und Fleiß daheim.
Direkt in der Nachbarschaft lebt der ehemalige Seminarrektor, der „Urvater der Lehrerausbildung in der Region und Pädagoge vor Ort“ Georg Schmidbauer. Der aus Nittenau stammende und längst ein Oberbernriether gewordene „Mann der Heimat“ hat herausgefunden, dass, bevor die Müller aus Österreich nach Oberbernrieth „eingefallen“ sind am heutigen Kramerhof die Pfarrkirche der Pfarrei Bernrieth gestanden hat.
„Was viele sicherlich nicht wissen: Bernrieth war Anfang des 14. Jahrhunderts, also vor 700 Jahren eine eigene Pfarrei und die Pfarrkirche stand mitten in Oberbernrieth“, wiederholt Schmidbauer stolz für alle, die es nicht glauben mögen. So erklärt der Heimatpfleger und Kulturpreisträger weiter, dass die Pfarrei Bernrieth wird schon in den frühesten Pfarreienverzeichnissen der Diözese Regensburg als „Pernreuth“ genannt wurde. Ebenso erscheint Bernrieth im Testament des Dobberhozz von Waldau auf Waldthurn vom Jahre 1396, der an die vier Kirchen in der Herrschaft Waldthurn, nämlich Lenhartsreuth (Lennesrieth), Bernreuth (Bernrieth), Varnberg (Fahrenberg) und Waldkirchen (Waldkirch) 600 Gulden vermachte. Bei der Kirche in Bernrieth wird auch ein gemauerter Kirchhof (Friedhof) genannt, sowie ein Leutpriester (Pfarrer). Nach einem Steuerregister von 1438 gab die Pfarrei „Pernrewt“ 10 Groschen an das Bistum Regensburg. Gleich zweimal spendete laut den Dombauregistern von 1450 und 1487 die Pfarrei für den Dombau in Regensburg. Die Summen sind allerdings nicht bekannt. In dieser Zeit wird auch mehrmals ein „Leutpriester“ in Bernrieth genannt, allerdings ohne Namensangabe.
In einem Visitationsprotokoll von 1508 wird erstmals ein Pfarrer namentlich genannt: „In Bernrieth ist Pater Leonhard aus dem Kloster Varnberg Pfarrer. Er möchte sein Gehalt aufbessern, weil er nur ganz geringen Zehend und Spenden aus dem Ort erhält, sonst nichts.“ Daraus ist zu ersehen, dass der jeweilige Pfarrer von Bernrieth vom Kloster auf dem Fahrenberg, das zu Waldsassen gehörte, gestellt wurde. Das Gleiche war übrigens auch in Hagendorf der Fall, wo auch ein Fahrenberger Pater als Pfarrer wirkte. Damit dürfte der Ursprung der Bernriether Pfarrei mit der Errichtung der Propstei auf dem Fahrenberg zusammenhängen und somit auf den Beginn des 14. Jahrhunderts anzusetzen sein.
Im Rahmen eines Bauernaufstandes im Jahre 1524 wurden das Kloster auf dem Fahrenberg und die Kirchen zu Bernrieth und Waldkirch, das auch eine eigene Pfarrei war, zerstört. Schon zwei Jahre später wird Bernrieth nicht mehr als eigene Pfarrei erwähnt, sie war – wie auch Waldkirch – 1526 also vor 494 Jahren in die Pfarrei Lennesrieth eingegliedert worden.
Das Gotteshaus zu Bernrieth ist wohl am Anfang des 14. Jahrhunderts erbaut worden. Es befand sich an der Stelle des Anwesens der Familie Müller („Kramer“), früher Hausnummer 3. Die Kirche war – ähnlich wie das Lennesriether Gotteshaus – eine nach Osten ausgerichtete Turmkirche, das heißt, der Hochaltar befand sich im Turm. Reste der Grundmauern wurden vor etwa 25 Jahren bei Erdarbeiten im Hof des Anwesens entdeckt, aber leider nicht dokumentiert. Zahlreiche Knochenfunde beweisen die Existenz des Friedhofs. So führte bei der Anlage des neuen Schulgartens 1890 der damalige Lehrer Walberer Klage darüber, dass Buben mit Totenschädeln Fußball gespielt hätten. Auch bei einer Baumaßnahme 1968 wurden in den Felsen gehauene Gräber entdeckt und Knochenfunde geborgen.
Christian Müller weiß genau, wo früher die Pfarrkirche stand und zeigt an die Stelle, wo heute ein Spielhaus für Kinder steht. Dort wo die Fundamente der damaligen Kirche waren, gibt er geheimnisvoll zu verstehen, dass sich an dieser Stelle in den nächsten Monaten baulich etwas verändern wird, wobei bereits ein kleines Glöckchen eine Rolle spielen werde. Vor acht Wochen habe man sich in der Pergola im Hof in der Familie über die Vergangenheit des Anwesens Gedanken gemacht. Werner Müller vom Waldthurner Badeweiher, der Sohn vom Kramer Sepp spielt hier auch eine entscheidende Rolle, denn er ist ein Holzfachmann, will aber die genaueren Pläne derzeit noch nicht preisgeben. So darf man gespannt sein, was Christian, sein Vater Ernst, Onkel Werner und Opa Josef Müller, der Kramer Sepp an der Stelle der ehemaligen Pfarrkirche am Kramerhof errichten werden.
Denn, dieses Dorf ist zwar nicht besonders groß, hat aber eine große Geschichte mit unternehmungslustigen, geschichtsbewussten jungen und junggebliebenen Bewohnern.